Veranstaltung
10. April 2019, 17.30-18.30 Uhr
Am 10. April 2019 fand erstmals der Tag der Provenienzforschung statt. Mehr als 70 Kulturinstitutionen in Deutschland, Großbritannien, Österreich, den Niederlanden und der Schweiz nahmen daran teil und gaben u. a. im Rahmen von Führungen, Präsentationen, Ausstellungen oder anderweitigen Aktionen einen aktuellen Einblick in wesentliche Fragen und Ergebnisse der Erforschung der Herkunft ihrer Sammlungen und Objekte.
Das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main beteiligte sich mit dem Expertengespräch Der ‚Sitten-Fuchsʻ und sein Drache an diesem internationalen Aktionstag.
Ein imposanter Drache auf Wolken und ein Pferd in ungewöhnlicher Sitzhaltung. Sie zählen zu einer umfangreichen Gruppe chinesischer Bauplastik im Museumsbestand. Ursprünglich zierten sie die Dächer repräsentativer Gebäude mit bisher unbekanntem Standort. Doch weshalb befinden sie sich heute im Museum Angewandte Kunst?
Wann und unter welchen Umständen die Objekte in China von Ort und Stelle entfernt wurden und ob sie Rückschlüsse auf eine Erwerbung zu Zeiten ungleicher politischer Machtverhältnisse während des Kolonialismus im 19. Jahrhundert zulassen, ist unklar.
Im Jahre 1943 erwarb das Museum die Firstziegel als Teile der einstmals ca. 1.200 Objekte umfassenden Ostasiatika Sammlung von Carl Cords (1879-1945) als Schenkung des Sammlers selbst.
Dank der wissenschaftlichen Kooperation zweier vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderter Provenienzforschungsprojekte (Sammlung Eduard und Margarete Fuchs: Rekonstruktion der geraubten Kunstwerke der Sammlung und Systematische Erforschung der kunsthandwerklichen Sammlungsbestände des Museum Angewandte Kunst, Frankfurt am Main, auf unrechtmäßig angeeignete Kunstobjekte aus jüdischem Besitz (…) ) konnten die beiden Stücke jüngst der ehemaligen Sammlung des Sozialisten und Erfolgsautors Eduard Fuchs (1870-1940) zugeschrieben werden. Der Raub dieser Sammlung war vermutlich einer der quantitativ größten Kunstraubzüge gegen eine Privatperson in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
Dr. Ulrich Weitz, der sich intensiv mit Eduard Fuchs und seiner Kunstsammlung beschäftigt hat, rekonstruierte im Gespräch mit Dr. Stephan von der Schulenburg, Kurator der Asiatischen Sammlung und Dr. Katharina Weiler, Provenienzforscherin am Museum Angewandte Kunst, die Herkunftsgeschichte der beiden Objekte. Erzählt wurde gleichzeitig die Geschichte der beiden Kunstsammler, Eduard Fuchs und Carl Cords. Dr. Bernhard Kosel, Nachfahre von Eduard Fuchs, berichtete eingangs von seiner Motivation, den auch testamentarisch festgelegten Wunsch von Fuchs und seiner Frau Margarete umzusetzen, die ehemalige Sammlung der Öffentlichkeit zu erhalten.
Der Aktionstag wird künftig einmal jährlich am zweiten Mittwoch im April stattfinden. Er soll auf die gesellschaftliche und wissenschaftliche Relevanz der komplexen Arbeit der international vernetzten Provenienzforscher*innen aufmerksam machen, die vielfältigen Fragestellungen und Methoden dieses Forschungsbereichs erklären bzw. vermitteln und sich den interessierten Fragen eines möglichst breiten Publikums stellen.
Koordiniert wird der Aktionstag durch den Arbeitskreis Provenienzforschung e.V., ein seit 2000 bestehender Zusammenschluss von Wissenschaftler*innen, der seit 2014 als eingetragener Verein organisiert ist. Zu den zentralen Aufgaben des Arbeitskreises gehören die Vernetzung und fachliche Unterstützung der Provenienzforscher*innen in ihren unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern und die Förderung des interdisziplinären Austauschs.
Eine Übersicht der am Tag der Provenienzforschung teilnehmenden Kulturinstitutionen findet sich auf der Website des Arbeitskreises Provenienzforschung
Auf Twitter wird der Hashtag #TagderProvenienzforschung die Aktionen begleiten.
Ihr Kontakt für Rückfragen zum Aktionstag generell: kontakt@arbeitskreis-provenienzforschung.org
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