Museum

15 Objekte aus der Sammlung Ottmar Strauss Neuerwerbungen für das Museum Angewandte Kunst

Provenienzforschung am Museum Angewandte Kunst

Das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main prüft seine Sammlungsbestände seit 2016 systematisch auf unrechtmäßig angeeignete Objekte aus jüdischem Eigentum zur Zeit des Nationalsozialismus bis in die Nachkriegsjahre. Das Museum präsentiert hier ein aktuelles und bedeutendes Teilergebnis aus dem laufenden Projekt „Die Sammlung Carl Cords (1879-1945) – Erforschung einer bedeutenden Ostasiatika-Sammlung des Museum Angewandte Kunst, Frankfurt am Main“.

Die Sammlung Carl Cords

Das Forschungsprojekt widmet sich der umfangreichen Ostasiatika-Sammlung von Carl Hugo Cords aus Sopot (dt. Zoppot) bei Danzig. Sie besteht heute noch aus etwa 1.000 Objekten. 1943 schenkte sie der Sammler dem Museum für Kunsthandwerk (heute Museum Angewandte Kunst) unter der Leitung von Walter Mannowsky (1938-1948). Es handelt sich um eine der größten Schenkungen an das Museum seit seiner Gründung 1877. Den Schwerpunkt der Sammlung Carl Cords bildet chinesisches Porzellan, hauptsächlich sogenanntes Exportporzellan aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Der Sammler trug es in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zusammen. Seit Ende der 1920er Jahre war er Mitglied der Ostasiatischen Gesellschaft Berlin und stand mit namhaften Händlern und Sammlern in Europa und China im Austausch. Dass 15 Stücke aus der Schenkung von Carl Cords einst Eigentum von Ottmar Strauss waren, enthüllte jüngst die Provenienzforschung.

Die Sammlung Ottmar Strauss

Ottmar Edwin Strauss (1878-1941) war ein erfolgreicher Unternehmer aus Köln. Er besaß eine große und wertvolle Sammlung von Kunstgegenständen. Aufgrund seiner Verfolgung als Jude während der Zeit des Nationalsozialismus musste er 1933 aus der von ihm mitbegründeten Firma Otto Wolff, einem der führenden deutschen Stahlhandelshäuser, ausscheiden. Ab Ende 1933 verbrachte er die meiste Zeit in der Schweiz und emigrierte 1936 aus Deutschland. Zur Begleichung der dafür erforderlichen Reichsfluchtsteuer und weiterer NS-Zwangsabgaben für Juden sah er sich gezwungen, seine Kunstsammlung zu verkaufen. 1934 und 1935 versteigerte sie das Auktionshaus Hugo Helbing in Frankfurt am Main. Wenn auch in einigen Fällen noch Provenienzlücken bestehen, ist gewiss, dass die hier ausgestellten Objekte aus zwei der insgesamt drei Auktionen stammen. Mit der Schenkung der Sammlung Carl Cords kamen sie 1943 in den Besitz des Museum Angewandte Kunst.

„Faire und gerechte Lösungen“
(Washingtoner Prinzipien, 1998)

Durch die Überprüfung seines Bestandes auf NS-Raubgut, möchte das Museum Angewandte Kunst seiner historischen Verantwortung im Sinne der Washingtoner Prinzipien (1998) nachkommen. Mit den Erben von Ottmar Strauss fand das Museum Ende 2019 eine „faire und gerechte Lösung“. Es erwarb die Werke von den Erben aus Mitteln des städtischen Ankaufsetats für die Frankfurter Museen. Zwei weitere Objekte aus der Sammlung Ottmar Strauss in Museumsbesitz waren nicht Teil der Sammlung Carl Cords. Eines davon restituierte das Museum 2019 an die Erben, das andere wurde vom Kunstgewerbeverein Frankfurt e.V. erworben und dem Museum übergeben. Durch die Verwahrung der Werke aus der Sammlung Ottmar Strauss in, der öffentlichen Sammlung des Museum Angewandte Kunst, sollen die Ergebnisse der Provenienzforschung zur Projektierung eines in die Zukunft reichenden Erinnerungspfades führen. Nicht zuletzt unterstreicht auch die Herkunft dreier Werke in diesem Konvolut aus der einstigen Königlichen Sammlung Dresden von August dem Starken (1670-1733) einen weiteren wichtigen Aspekt der kulturhistorischen Bedeutung dieser Stücke für das Museum.

Wir danken dem Deutschen Zentrum Kulturgutverluste, Magdeburg, für die Förderung der Provenienzforschung am Museum Angewandte Kunst.

Foto: Wolfgang Günzel © Museum Angewandte Kunst